Unsere Peers: Da für uns, wenn wir sie brauchen!

Die Arbeit bei der Polizei ist kein «Nine-to-five-Job». Die Politik erwartet von der Kantonspolizei St.Gallen die Wahrung von Sicherheit, Ruhe und Ordnung während 24 Stunden an 365 beziehungsweise 366 Tagen – die Bevölkerung ist dankbar dafür. Doch die Einsätze hinterlassen Spuren, der Arbeitsdruck ist hoch. Von Angriffen gegen die körperliche und psychische Integrität bleiben Narben. Diese Umstände beschäftigen – möglicherweise leidet auch das Privatleben. Bei der Kantonspolizei St.Gallen sind die Mitarbeitenden mit Belastungen nicht allein gelassen – die Peers unterstützen sie!

Die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) bei der Kantonspolizei St.Gallen basiert auf einem Konzept aus dem Jahr 2011. Dieses sieht eine abgestufte Unterstützung für die Mitarbeitenden, unter anderem zur Verarbeitung von belastenden Erlebnissen, vor. Dabei geht es darum,

in erster Linie Kolleginnen und Kollegen mit erweiterten psychologischen Kenntnissen – sogenannten Peers – einzusetzen;

diesen zur Lösung von fachlichen Fragestellungen den Kontakt zu einer externen Fachberatung zu ermöglichen;

in besonderen Fällen und/oder auf Wunsch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger beizuziehen;

in schwerwiegenderen Fällen eine Beratung bei externen Fachleuten (Psychologen und Psychotherapeutinnen) zu empfehlen.

Internationale Anerkennung

Dieses Konzept wird seit Beginn des Jahres 2012 umgesetzt; es wurde in der Zwischenzeit mehrfach moderat weiterentwickelt und darf als Erfolgsmodell bezeichnet werden. Seit dem 30. November 2012 sind die Peers als Einsatzorganisation durch das Nationale Netzwerk für psychologische Nothilfe (NNPN) zertifiziert. 2013 wurden sie von der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) für den «beispielhaften Einsatz für Gesundheitsförderung und Prävention» mit dem zweiten Preis ausgezeichnet. Die Kantonspolizei St.Gallen ist noch heute stolz darauf, dass die Unterstützung der Peers für belastete Kolleginnen und Kollegen sogar international Anerkennung fand.

Ein Blick auf die Statistik der vergangenen Jahre zeigt, dass bei der Kantonspolizei St.Gallen die negativen Auswirkungen der beruflichen Tätigkeit schwerer wiegen und auch die Belastungen am Arbeitsplatz zugenommen haben. Solche Faktoren haben auch Einfluss auf das Privatleben; dortige Dissonanzen wiederum stören die Konzentration bei der Arbeit sowie die Leistungsfähigkeit. Diese Entwicklung ist sicherlich in vielen Berufsfeldern und Branchen ein Phänomen der heutigen, schnelllebigen und digitalisierten Zeit, welche von vielen Unsicherheiten geprägt ist. Entscheidend ist, wie eine Organisation, in diesem Fall die Kantonspolizei St.Gallen, mit dieser Tendenz umgeht und wie sie aktiv dagegen steuert.

Während der Peer Support in den Jahren 2018 und 2019 noch gut 100 Betreuungsstunden aufwandte, waren es 2023 bereits über 180. Eine Zunahme ist auch bei den in Anspruch genommenen Beratungen bei den externen Fachleuten festzustellen. In früheren Jahren ging es vor allem um die Bewältigung von schweren Unfällen, Suiziden, Tötungsdelikten oder Ereignissen mit Kindern. Neuerdings fallen auch die Fälle von Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten stark ins Gewicht.

Die Peers erkennen durch tägliches Journalmonitoring die möglicherweise belastenden Fälle und nehmen proaktiv mit den Betroffenen Kontakt auf. Jedoch sind die persönliche Betroffenheit sowie allfällige Fragestellungen im zwischenmenschlichen Bereich am Arbeitsplatz oder im Privatleben aus dem Journal nicht ersichtlich. Daher gilt der Rat an die Mitarbeitenden der Kantonspolizei St.Gallen: «Ruf die Peers an – sie sind gerne für dich da!»

Neue Peers «demokratisch» gewählt

Per Anfang 2024 haben die Peers willkommene Verstärkung erhalten. Die von den Mitarbeitenden der Kantonspolizei St.Gallen «demokratisch» gewählten acht neuen Peers sind nach einer insgesamt neuntägigen Grundausbildung motiviert, ihre Kolleginnen und Kollegen nach bestem Wissen und Gewissen zur Seite zu stehen.

Auch die bisherigen 23 Peers haben im vergangenen Jahr wiederum in mehreren Seminaren und Tagungen ihre Kenntnisse erweitert und Erfahrungen ausgetauscht. Dies taten sie in den Bereichen psychologischer Nothilfe, Umgang mit Traumata sowie Wahrnehmung und Kommunikation. Sie werden sich wie bis anhin für die Stabilisierung von betroffenen Kolleginnen und Kollegen einsetzen. Auch die Normalisierung von traumatischen Akutreaktionen sowie die Vermittlung von psychoedukativen Elementen zur Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit wird sie beschäftigen.

Flyer für die Einsatzmappe

Geleitet werden die Peers vom Stabschef der Kantonspolizei St.Gallen, Felix Helbling. Ihm ist der Peer Support ein grosses Anliegen. «Ich danke allen Peers ganz herzlich, dass sie sich neben ihrer originären Tätigkeit und ihren eigenen Herausforderungen mit grossem Elan und hoher Sozialkompetenz für das Wohl unserer Kolleginnen und Kollegen einsetzen. Mein Dank geht zudem an die Seelsorgenden und Fachberatenden für ihr Engagement zugunsten des Peer Supports der Kantonspolizei St.Gallen.», so Helbling. Auf seine Initiative hin wurde ein weiterer Flyer für die Mitarbeitenden der Kantonspolizei St.Gallen erstellt, welcher seinen Platz in der Einsatzmappe finden soll. Der Flyer soll die Mitarbeitenden daran erinnern, dass sie mit Belastungen nicht alleine sind. Zudem zeigt er «normale» Reaktionen nach Belastungen auf und gibt Hinweise, wie jede und jeder Einzelne das Wohlbefinden fördern kann.

Noch mehr Hintergründe über die Sonderfunktion der Peers finden Sie in der Chronik der Kantonspolizei St.Gallen.