Ein Jahr Erfahrung mit dem Verkehrskontrollsystem

Ende 2022 hat die Kantonspolizei St.Gallen das Verkehrskontrollsystem (VKS) eingeführt, das die Einhaltung des Mindestabstands kontrolliert. Dank dem VKS soll die Verkehrssicherheit im Kanton St.Gallen weiter erhöht werden. Die Erfahrungen nach einem Jahr sind aus Sicht der Kantonspolizei St.Gallen durchwegs positiv.

Zu nahes Aufschliessen gilt als eine der häufigsten Unfallursachen auf Schweizer Autobahnen. Um präventiv wie auch repressiv dagegen vorgehen zu können, hat sich die Kantonspolizei St.Gallen im Jahr 2021 dazu entschlossen, das dafür geeignete Verkehrskontrollsystem der deutschen Firma Vidit zu beschaffen. Dieses System wird in mehreren europäischen Ländern bereits seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. In der Schweiz wurde es bis anhin jedoch lediglich von der Kantonspolizei Bern genutzt. Die Kantonspolizei St.Gallen ist somit schweizweit das zweite Polizeikorps, welche dieses System eingeführt hat. Diese Einführung erfolgte am 27. Oktober 2022 anhand einer Medienpräsentation. An dieser Präsentation und anschliessender Vorführung im Messbetrieb auf der A1 bei Oberbüren nahmen zahlreiche Medien sowie auch das Schweizer Fernsehen teil.

Das System an sich

Das System besteht aus einem fest im Messfahrzeug eingebauten Rechner, einer Videokamera, die durchgehend das Verkehrsgeschehen aufzeichnet sowie je einer Sequenz-Kamera pro Fahrstreifen, durch welche im Falle eines festgestellten Verstosses Lenker- und Kontrollschildbilder aufgezeichnet werden. Die Videoaufzeichnung wird in Echtzeit vom Rechner analysiert und mögliche Verstösse wie Nichteinhalten des Abstands oder Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit werden den Sachbearbeitenden an den Arbeitsplätzen im Messfahrzeug angezeigt. Da die Messungen nicht wie bei anderen bekannten Systemen mittels Laser oder Radar erfolgen, sondern auf der optischen Analyse des Videos beruhen, muss jeder Fall zwingend durch eine am System ausgebildete Person ausgewertet und verifiziert werden.

Funktionsweise

Fahrzeuge, die in den rund 140 Meter langen Analysebereich einfahren, werden vom System erfasst. Anhand von Weg-/Zeitrechnungen wird die Geschwindigkeit und der Abstand zum vorderen Fahrzeug ermittelt. Ist dieser Wert höher (Geschwindigkeit) oder tiefer (Abstand) als von uns festgelegt, wird automatisch ein Fall generiert und wie beschrieben den Sachbearbeitenden als Verstoss vorgeschlagen. Damit eine Widerhandlung vom System auch als Verstoss vogeschlagen wird, müssen diese Werte innerhalb des Analysebereichs zweimal unter- bzw. überschritten werden. Um Weg-/Zeitrechnungen durchführen zu können, benötigt das System Fixpunkte innerhalb des Analysebereichs. Deshalb müssen an jedem Messstandort die genauen Masse von acht Leitlinien und Zwischenräumen vermessen und vom METAS abgenommen werden.

Gesamte sichtbare Strecke relevant

Der Messbereich beträgt wie beschrieben rund 140 Meter. Zur Beurteilung des Verstosses wird aber die gesamte auf dem Videobild sichtbare Strecke betrachtet. Wurde zum Beispiel vor dem Messbereich ein Fahrstreifenwechsel vorgenommen, so hat dies einen Einfluss auf die Beurteilung des vermeintlichen Verstosses.

Anforderungen an Standorte

Damit den Lenkenden rechtlich unumstösslich ein Fehlverhalten nachgewiesen werden kann, muss die Videokamera mehrere hundert Meter Fahrstrecke aufzeichnen. Dazu ist die Kamera mindestens drei Meter über der Fahrbahn aufzustellen. Der Autobahn- oder Autostrassen-Abschnitt sollte deshalb gerade sein oder nur eine geringe Biegung aufweisen. Die Sicht darf nicht durch Schilder, Masten, Überkopfsignale oder dergleichen beeinträchtigt werden.

Rechtliches

In Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft wurden folgende Abstandswerte festgelegt, die zur Anzeige gebracht werden:

0.8 bis 0.6 Sekunden: als Übertretung

unter 0.6 Sekunden: als Vergehen

Verzeigte haben mit einer Busse von mehreren hundert Franken zu rechnen sowie mit Administrativmassnahmen, sprich einem Führerausweisentzug, je nach Klassifizierung des Verstosses. Der Bussenentscheid wird durch die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen gefällt, die Administrativmassnahme durch das Strassenverkehrsamt des Wohnkantons.

Zahlen

Zeitspanne von einem Jahr (Inbetriebnahme des VKS am 1. November 2022 bis 31. Oktober 2023):

SVG-DeliktÜbertretung (0.8 bis 0.6 Sekunden)Vergehen (unter 0.6 Sekunden)
Anzahl Verstösse80273

Weiteres Vorgehen

Per Ende 2023 verfügt jede Autobahn im Kanton St.Gallen sowie die Autostrasse A23 über mindestens einen Messstandort. Im Verlauf des Jahres 2024 werden voraussichtlich alle Hochleistungsstrassen im Kanton St.Gallen über mindestens einen Standort verfügen. Das Ziel ist es, pro Autobahn/Autostrasse rund zwei Standorte zu betreiben.