Super-Recognizer
Super-Recognizer sind Menschen, welche überdurchschnittliche Fähigkeiten im Vergleich und der Wiedererkennung von Gesichtern unbekannter Personen aufweisen – sogar bei schlechter Bildqualität oder erheblicher Alterung der Personen. Die Kantonspolizei St.Gallen und Stadtpolizei St.Gallen wollen diese Fähigkeiten nutzen und zusammen mit Prof. Dr. Meike Ramon, Universität Lausanne, Super-Recognizer identifizieren und mögliche Einsatzszenarien evaluieren.
Unter anderem in Deutschland werden Super-Recognizer schon seit mehreren Jahren eingesetzt[1]. So sollen die Menschen mit den besonderen Fähigkeiten “wesentlich zur Identifizierung von rund 60 Tatverdächtigen beigetragen” haben. Oder eine Super-Recognizerin habe eine tatverdächtigte Person bei einem Fussballspiel unter 20’000 Zuschauerinnen und Zuschauern innert wenigen Minuten erkannt.
Heutzutage spielen Bild- und Videodaten in der Ermittlungsarbeit eine immer wichtigere Rolle. Erfahrungen einzelner Polizeikorps zeigen, dass durch die komplementäre Nutzung beziehungsweise Kombination von Mensch und Technik bei der Bildauswertung der grösste Mehrwert erzielt werden kann. So können zum Beispiel durch den Einsatz von spezialisierter Software grosse Datenmengen reduziert und bereits eine Vorselektion durchgeführt werden. Die abschliessende Überprüfung der potenziellen Treffer erfolgt durch den Menschen. Prof. Dr. Meike Ramon und ihre Kollegen der Universität Lausanne plädieren dafür, dass dies zukünftig durch Super-Recognizer stattfinden sollte[2].
Im Polizeiumfeld können Super-Recognizer in verschiedenen Bereichen im Aussen- und Innendienst eingesetzt werden, so zum Beispiel im Einsatz zur Erkennung von bestimmten Personen in Menschenansammlungen oder für das Erkennen und Zusammenführen von Tatserien anhand von Bildern unbekannter Täterinnen und Täter. Die Kantonspolizei St.Gallen und Stadtpolizei St.Gallen beabsichtigen, die besonderen Fähigkeiten von Super-Recognizern zu nutzen. Die Identifizierung der Super-Recognizer erfolgte durch Prof. Dr. Ramon mittels drei wissenschaftlich validierten Tests, an denen Mitarbeitende der Kantonspolizei St.Gallen und Stadtpolizei St.Gallen freiwillig sowie anonym teilnehmen konnten. Sechs Mitarbeitende aus den beiden Organisationen erfüllten die von Prof. Dr. Ramon (2021)[3] publizierten wissenschaftlichen Kriterien und wurden somit als Personen mit Super-Recognizer Fähigkeiten identifiziert. Die Kantonspolizei St.Gallen und Stadtpolizei St.Gallen werden während einer Pilotphase von rund einem Jahr den Mehrwert von Super-Recognizern in verschiedenen polizeilichen Bereichen testen. Die Ergebnisse dieser Pilotphase sollen dazu dienen, die mehrwertbringendsten Tätigkeitsgebiete für Super-Recognizer zu ermitteln.
[1] Bruhn, E. (2023, 29. Juli). Die Menschen mit dem Superblick. URL: https://taz.de/Hype-um-Super-Recognizer/!5948941/ [Stand: 20.09.2023]
[2] Ramon, M., Barbey, A., & Metille, S. (2023). Use of Facial Recognition Technologies by Law Enforcement Authorities: A Swiss Legal Analysis. https://doi.org/10.17605/OSF.IO/YTBW7
[3] Ramon, M. (2021). Super-Recognizers – a novel diagnostic framework, 70 cases, and guidelines for future work. Neuropsychologia, 158, 107809. https://doi.org/10.1016/j.neuropsychologia.2021.107809