Hilfeersuchen und Ruhestörungen: Ein Fall für die Polizei?

In den letzten Jahren nahmen Hilfe- und Kontrollersuchen aus der Bevölkerung sowie gemeldete Ruhestörungen enorm zu und erreichten in ihrer Gesamtheit nie dagewesene Höchstwerte. Anders formuliert: Die Polizei wird immer öfter zur Unterstützung aufgeboten. Ob wirklich jede Meldung ein Fall für die Polizei ist, sei dahingestellt, doch darum kümmern muss sie sich allemal.

Hilfeersuchen – wobei helfen wir?

Frau Meier wird auf dem Nachhauseweg von ihrer Nachtschicht im Krankenhaus auf einen Mann aufmerksam, der am Boden liegt. Als sie ihn am Ärmel zieht und fragt, was passiert sei, fängt er an, wirres Zeug zu reden. Der Mann steht unter dem Einfluss unbekannter Substanzen und kann nicht mehr aufstehen, geschweige denn, den Heimweg selbstständig antreten.

Familie Weissmann ist auf dem Weg in die Ferien. Zwischen Gossau und St.Gallen löst sich ein Fahrzeugteil und fällt auf die Autobahn. Der Vater ist geschockt, er nimmt sofort die nächste Raststätten-Ausfahrt und parkiert das Auto.

Marcel ist nervös, als er den Notruf 117 wählt. Mit zittriger Stimme erzählt er, dass sein Kollege ihm gerade eine Textnachricht geschrieben und darin vage Suizidabsichten geäussert hat.

Dies sind nur wenige Beispiele für Hilferufe, die tagtäglich bei der Kantonspolizei St.Gallen eingehen. Unsere Polizistinnen und Polizisten werden auch gerufen, wenn sie einen schwierigen Patiententransport begleiten müssen, ausgebüxte Hunde einsammeln oder sich die Menschen streiten. Die bei uns unter dem simplen Stichwort «Hilfeersuchen» geführten Aufträge beschäftigen die Polizei enorm. Mit über 4’500 Fällen hat sich die Anzahl der 2022 eingegangenen Hilfeersuchen innerhalb von zehn Jahren verdoppelt.

Kontrollersuchen – was gibts zu kontrollieren?

Neben der Bushaltestelle raucht es aus einem Abfalleimer, im Quartier ziehen unbekannte Personen von Tür zu Tür und im Dorfweiher sind Ölspuren sichtbar. Im Bus belästigt ein Mann junge Frauen, an der Fasnacht ist es angeblich zu einer Schlägerei gekommen und im Zug sitzt eine Frau, die sich gegenüber den Kontrolleuren nicht ausweisen will. Eine psychisch auffällige Person wirft ihren gesamten Hausrat aus dem Fenster, neben der Schule steht jeden Morgen ein auffälliger Mann, der die Eltern beunruhigt und im Wald nebenan soll angeblich gedealt werden. Solche und unzählige weitere Feststellungen besorgter Bürgerinnen und Bürger lösen Kontrollen durch die Polizei aus. Wir animieren die Bevölkerung, verdächtige Feststellungen zu melden, damit mit Hilfe von Polizeikontrollen eine Gefahr eingedämmt oder eine Eskalation vermieden werden kann. Nichtsdestotrotz generieren diese Einsätze natürlich auch Arbeit für unsere Mitarbeitenden: Mit über 6’000 Einsätzen im Jahr 2022 stiegen die Kontrollersuchen im Vergleich zu vor zehn Jahren um 20 Prozent an.

Ruhestörungen – wann ist es zu laut?

Wem was wann zu laut ist, liegt wohl im Auge des Betrachters – oder besser gesagt im Gehör des Anrufers. Fest steht, dass gewisse Ruhezeiten eingehalten werden müssen. Ein friedliches Zusammenleben ist nur möglich, wenn alle sich an gewisse Regeln halten. Dass dies nicht immer so ist, zeigt die Zunahme der Fälle. Mit über 1’300 gemeldeten Ruhestörungen im Jahr 2022 hat sich diese Zahl in den letzten zehn Jahren nämlich – genau wie die Hilfeersuchen – ebenfalls verdoppelt. Oft musste in diesem Bereich festgestellt werden, dass viele Leute direkt die Polizei informieren, ohne vorgängig beispielsweise das Gespräch mit dem Nachbarn gesucht zu haben, der zu laut Musik hört. Ein freundschaftlicheres Miteinander käme auch in diesem Bereich zweifelsfrei einer Entlastung der Polizei gleich.

Rund 12’000 solche Einsätze pro Jahr

Rechnet man diese Hilfe- und Kontrollersuchen sowie die Ruhestörungen zusammen, so waren dies im Jahr 2022 alleine im Kanton St.Gallen rund 12’000 solcher Einsätze – innerhalb von 24 Stunden im Schnitt also mehr als 30. Diese Zahlen beziehen sich hauptsächlich auf das Gebiet ausserhalb der Stadt St.Gallen, denn die Einsätze der Stadtpolizei sind nicht eingeschlossen. Zum Abschluss eine kleine Einordnung im Gesamtkontext: Alle weiteren Ereignisse wie beispielsweise Brände, Unfälle, Interventionen im häuslichen Bereich, diverse Straftaten oder Cyberdelikte sind ebenfalls nicht eingerechnet.