Warum ein Notruf nicht immer ein Telefongespräch ist

Jährlich gehen weit über 100’000 Notrufe bei der Kantonalen Notrufzentrale der Kantonspolizei St.Gallen ein. Das dazu auch viele automatisch ausgelöste Anrufe gehören, ist kaum bekannt.

Die Schweizer Notrufnummern der Polizei, Feuerwehr und Ambulanz sind fast jeder Person ein Begriff. So wählt man im Notfall eine dreistellige Nummer und wird direkt mit der zuständigen Notrufzentrale verbunden. Die Kantonspolizei St.Gallen betreibt mit der kantonalen Notrufzentrale (KNZ) eine sogenannte integrierte Zentrale. Das heisst, Notrufe für die Polizei, Feuerwehr oder Ambulanz werden zentral am selben Ort entgegengenommen und bearbeitet. Was viele jedoch nicht wissen: Nebst den über 135’000 telefonischen Notrufen im Jahr 2022 kommen zusätzlich noch mehrere tausend technische Alarme hinzu. Als technischer Alarm wird eine Meldung verstanden, welche nicht über eine klassische Notrufnummer wie beispielsweise die 117, 118 oder 144 abgesetzt wird, sondern direkt von einer sogenannten Gefahrenmeldeanlage übermittelt wird. Oder noch einfacher ausgedrückt: Die Anlage löst direkt einen Alarm in der KNZ aus.

In der KNZ St.Gallen werden die Gefahrenmeldeanlagen in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. So gehören Brandmeldeanlagen wahrscheinlich zu den bekanntesten Vertretern dieser Gattung. Hinzu kommen beispielsweise auch Wasseralarme. Aber auch Einbruch-, Überfall-, und Bedrohungsalarme werden direkt in die KNZ weitergeleitet. Letztere Kategorien finden sich vor allem bei Finanzinstituten oder Juwelierläden, während «klassische» Brandmeldeanlagen in nahezu jedem grösseren Gebäude installiert sind.

Doch wie funktioniert das Ganze nun im Bereich einer privaten Alarmanlage in einem Einfamilienhaus? Hier werden die Meldungstypen in zwei Arten unterteilt. Zum einen sind dies die Alarmnet-Meldungen und zum anderen handelt es sich um Privatalarme. Im Gegensatz zu Alarmen von Gefahrenmeldeanlagen, welche über das Alarmnet direkt in die KNZ kommuniziert werden, werden Privatalarme meist über einen darauf spezialisierten Dienstleister (wie beispielsweise CERTAS oder ARGUS) an die KNZ übermittelt. Ein wesentlicher Unterschied besteht auch darin, dass bei Gefahrenmeldeanlagen viele Informationen zum Objekt, zum Besitzer, zur verantwortlichen Person und zur Anfahrt hinterlegt sind. Bei Privatalarmen hingegen können im Normalfall meist erst vor Ort weitere Informationen zusammengetragen werden. Dennoch kann auch in solchen Fällen rasch disponiert und ausgerückt werden. Die Gefahrenabwehr wird mit den ersten vorhandenen Informationen in Angriff genommen.

Auch die Kantonspolizei St.Gallen besitzt eigene mobile Gefahrenmeldeanlagen, um diese für die polizeilichen Tätigkeiten im Rahmen ihrer Arbeit einsetzen zu können. Selbstredend übermitteln solche Anlagen direkt und unverzüglich einen entsprechenden Alarm in die KNZ.

Durch die zunehmende Mobilität der Bevölkerung werden technische Alarme immer wichtiger. Das bekannteste Beispiel hierbei ist «eCall»; eine Notrufnachricht eines Fahrzeugs, die bei einem Unfall automatisch über das Mobilfunknetz an die KNZ abgesetzt wird. Sofern Sie ein Fahrzeug ab Baujahr 2018 führen, wird Ihnen diese Funktion mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Begriff sein. Aber auch der Boom von «Wearables», also tragbaren intelligenten Geräten, hat dazu geführt, dass zum Beispiel die Sturzerkennung einer Smartwatch Notrufe automatisiert absetzt. Mit der Zunahme von mobilen Geräten sind auch etliche Notfall-Applikationen auf Smartphones verfügbar. Diese können unter anderem Notrufe für Gehörlose tätigen oder in bestimmten Situationen den Einsatzkräften weitere Details zum Ereignis liefern. Die KNZ St.Gallen ist bereits heute in der Lage, viele solcher Alarme entgegen zu nehmen und entsprechende Einsatzkräfte an den Ereignisort zu entsenden.

Bei mehreren tausend technischen Alarmen pro Jahr ist es naheliegend, dass auch die Verwaltung der Gefahrenmeldeanlagen sowie die Verrechnung von Jahresgebühr, Alarmen und Fehlalarmen möglichst effizient abgewickelt werden muss. Im Jahr 2022 wurden entsprechende Prozesse und Schnittstellen vom Einsatzleitsystem in das Verrechnungssystem des Kantons definiert und umgesetzt. Es ist nun möglich, diese Verrechnungsprozesse mit wenigen Mausklicks zentral anzustossen und vollständig digital abzuwickeln. Auch in Zukunft werden technische Alarme zunehmen und über die verschiedensten Kanäle in die KNZ fliessen. Hier sei zum Beispiel die Ankündigung von «SOS über Satellit» genannt, welche Apple bereits im Jahr 2022 mit dem iPhone 14 angekündigt hat. Oder die unter dem Namen «NG112» geführte internationale Weiterentwicklung der Notrufsysteme, um auch in den nächsten Jahren Notrufe und Alarmmeldungen aller Art empfangen, bearbeiten oder weiterleiten zu können.