SVG-Ermittlung und Unfallkoordination

Die Ermittlungen bei Strassenverkehrsdelikten werden immer umfangreicher, da zunehmend digitale Spurenträger wie Mobiltelefone, Kameras aber auch Steuergeräte und Infotainment-Systeme von Fahrzeugen zur Beweisführung ausgewertet werden müssen. Die Verkehrspolizei hat deshalb im Jahr 2019 eine auf Strassenverkehrsdelikte spezialisierte Ermittlungsgruppe geschaffen.

Die sogenannte Strassenverkehrsgesetz-Ermittlung (SVG-Ermittlung) besteht aus vier Mitarbeitenden. Den Schwerpunkt ihrer Arbeit bilden dabei massive Geschwindigkeitsverstösse, fingierte Verkehrsunfälle oder technische Manipulationen an Motorfahrzeugen. Bei fingierten Verkehrsunfällen gibt die Täterschaft lediglich vor, dass es zu einem Verkehrsunfall kam. Sie beabsichtigt damit, die Auszahlung des angeblichen Schadens zu erwirken, um sich zu bereichern. Im Folgejahr 2020 stiess ein weiterer Mitarbeiter als «Unfallkoordinator» hinzu. Die Organisationseinheit «Unfallkoordination» dient als Schnittstelle für den fachlichen Support und die Koordination geeigneter Massnahmen im Bereich der Verkehrsunfallaufnahme für interne und externe Anspruchsgruppen. Den Schwerpunkt bilden jedoch die technischen Untersuche an Unfallfahrzeugen, das Auslesen fahrzeugbezogener Daten der fahrzeuginternen Speicher und die Auswertung von Restwegaufzeichnungsgeräten. Ein Solches kann vom Halter nachgerüstet werden und speichert Fahrdaten wie zum Beispiel die Geschwindigkeit oder den Status der Richtungsblinker. Fahrzeuge mit Sondersignalen (Blaulicht und Wechselklanghorn) müssen mit einem Datenaufzeichnungsgerät ausgerüstet sein.

Im Jahr 2021 führte die SVG-Ermittlung 30 Ermittlungsverfahren gegen 66 beschuldigte Personen. Dabei wurden 1.4 Millionen Foto- und Videodateien ausgewertet. In einem Fall konnten drei Personen überführt werden, die einen Verkehrsunfall fingierten. Spitzenreiter bei den Geschwindigkeitsverstössen war ein 18-jähriger Kosovare, der mit seinem Personenwagen mit 227 km/h über die Autobahn fuhr. Auch innerorts kommt es immer wieder zu massiven Geschwindigkeitsverstössen. Hier führt eine 24-jährige Frau aus Österreich mit Schweizer Wohnsitz die Rangliste an. Sie fuhr ihr Auto im November 2020 mit 144 km/h durch eine Ortschaft im Rheintal und wurde im April 2021 festgenommen. Die junge Frau besass zudem keinen Führerausweis.

Digitale Spurenträger nehmen zu

Geschwindigkeits- oder Abstandsverstösse können nicht nur mit Messgeräten erfasst werden. In 28 Fällen wurden zur Beweisführung Abstände zwischen Fahrzeugen oder gefahrene Geschwindigkeiten auf Basis vorhandener forensischer Daten errechnet. In vielen Fällen blieb es nicht bei Strassenverkehrsdelikten. Bei den Ermittlungen wurden weitere Straftaten wie beispielsweise verbotene Pornographie und Gewaltdarstellung oder Betäubungsmittelwiderhandlungen festgestellt und zur Anzeige gebracht. Im Jahr 2021 führte der «Unfallkoordinator» 45 technische Untersuchungen an Unfallfahrzeugen durch, bei denen zumeist die Unfalllenker/-innen einen Defekt am Fahrzeug als Unfallursache geltend machten (zum Beispiel Brems- oder Lenkversagen). Bei vier dieser Fälle lag ein technischer Defekt vor, wovon jedoch drei Fälle auf mangelnden Fahrzeugunterhalt zurückgeführt werden konnten. In einem Fall konnte der Defekt auf einen Ausführungsmangel durch den Fahrzeughersteller respektive -umbauer vor der ersten
Inverkehrsetzung des Fahrzeugs zurückgeführt werden. Weitere 25 Fälle bestanden, grösstenteils im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, in der Auslesung fahrzeugbezogener Daten aus fahrzeuginternen Speichern und in drei Fällen in der Auswertung von Restwegaufzeichnungsgeräten. Zehn der Fälle wurden im Rahmen der Ersuchen von umliegenden Strafverfolgungsbehörden der Kantone beider Appenzell, Thurgau und der Stadtpolizei St.Gallen durch den «Unfallkoordinator» amtshilfeweise bearbeitet.