
Forensik und Akkreditierung: Vertrauen in die Belastbarkeit von Beweisen
Mit einer Akkreditierung wird formell die Kompetenz einer Stelle anerkannt, dass ihre Tätigkeiten bestimmte Anforderungen erfüllen. Beim Kompetenzzentrum Forensik der Kantonspolizei St.Gallen (FOR SG) kommen zwei internationale ISO-Normen für die Arbeiten am Ereignisort und im Labor zur Anwendung. Diese Akkreditierungen fördern das Vertrauen in die Tätigkeiten sowie der daraus resultierenden Berichte und Gutachten. Insbesondere vor Gericht beseitigt dies Zweifel am Ergebnis und unterstreicht die Belastbarkeit der erhobenen forensischen Beweise.
In seltenen Fällen kommt es vor, dass Mitarbeitende des FOR SG als Zeugen zu Gerichtsverhandlungen vorgeladen werden; in der Vergangenheit etwa zum Bundesstrafgericht in Bellinzona. Die Fragen des Gerichts und der Verteidigung betrafen damals einen Fall aus dem Jahr 2019 und zielten auf die Spurensicherung und -auswertung ab. Aus Sicht der Vollständigkeit der Beweiskette ist es von zentraler Bedeutung, wie die Spuren vor Ort gesichert und im Labor ausgewertet wurden. Dazu zählen insbesondere die Kompetenzen der Mitarbeitenden, die angewandten Verfahren, die Richtigkeit der Ergebnisse und die Nachvollziehbarkeit aller Tätigkeiten. Das Erfüllen dieser Anforderungen wird im FOR SG durch die Akkreditierung unterstützt. In einem Interview wird die Akkreditierung durch Andreas Rippert, Leiter FOR SG, näher vorgestellt.

Andreas Rippert, was ist der Auftrag des Kompetenzzentrums Forensik?
Wir führen Spurensicherungen und Untersuchungen bei Verbrechen, Unfällen und Brandereignissen etc. mit dem Ziel durch, den Ereignisablauf zu rekonstruieren und Sachbeweise zu erbringen. Mit dem Verfassen von Untersuchungsberichten und Gutachten zuhanden der Staatsanwaltschaften und Gerichte sowie von polizeilichen Ermittlern wird die Beweisführung im Strafverfahren unterstützt.
Was bedeutet «Akkreditierung»?
Mit einer Akkreditierung, aus dem lateinisch «accredere» – Glauben schenken, wird formell die Kompetenz einer Stelle anerkannt, dass ihre Tätigkeiten bestimmte Anforderungen erfüllen. Beim FOR SG kommen zwei internationale ISO-Normen für die Arbeiten am Ereignisort und im Labor zur Anwendung. Die Akkreditierungen decken sowohl die fachlichen wie auch die formellen Aspekte ab.
Infobox: In der Schweiz werden Akkreditierungen durch die Schweizerische Akkreditierungsstelle SAS ausgesprochen. Die Stelle ist dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF angegliedert und durch internationale Abkommen weltweit anerkannt. Die Akkreditierungen des Kompetenzzentrums Forensik der Kantonspolizei St.Gallen sind unter den spezifischen Nummern SIS 0151 (EN ISO/IEC 17020, Spurensicherung) und STS 0465 (EN ISO/IEC 17025, Laboranalytik) bei der SAS verzeichnet und öffentlich einsehbar. Die offiziellen Swiss-Accreditation-Zeichen dürfen von der Kantonspolizei St.Gallen verwendet werden und bestätigen die geltenden Akkreditierungen.
Werden die Akkreditierungen von Zeit zu Zeit auch kontrolliert?
Alle 18 Monate findet beim FOR SG eine sogenannte Begutachtung statt. Das Begutachtungsteam führt dazu während zwei Tagen am Ereignisort und im Labor Stichproben durch.
Was bedeutet «Begutachtung»?
Allgemein wird bei einer Begutachtung genau hingeschaut, sorgfältig geprüft und beurteilt, ob die Tätigkeiten kompetent erledigt werden und entsprechende Vorgaben erfüllen.
Wie setzt sich das Begutachtungsteam zusammen?
Unser Begutachtungsteam setzt sich aus drei Personen zusammen: der leitenden Begutachterin der Schweizerischen Akkreditierungsstelle SAS sowie zwei ausgewiesenen Fachexperten aus den Bereichen Forensik und Laboranalytik.
Wenn ich das richtig verstanden habe wird das Kompetenzzentrum Forensik einer wiederkehrenden externen Kontrolle unterzogen, ist dies richtig?
Ja, das ist genau richtig. Um die Akkreditierung aufrechtzuerhalten ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess etabliert. Dieser Verbesserungsprozess beinhaltet auch einen aktiven Vergleich mit anderen forensischen Fachstellen im In- und Ausland. Dadurch findet eine qualitätssteigernde Harmonisierung in der Forensik statt.
Was passiert bei Abweichungen von Vorgaben?
Stellt das Begutachtungsteam fest, dass Anforderungen nicht genügend nachvollziehbar ausgewiesen sind, werden sogenannte geringfügige Nichtkonformitäten ausgesprochen. Bei solchen geringfügigen Nichtkonformitäten handelt es sich um Abweichungen welche das Ergebnis nicht massgebend beeinflussen. Das akkreditierte Labor ist aber verpflichtet, Abweichungen innerhalb von drei Monaten zu beseitigen und die Wirksamkeit der Massnahmen bei der nächsten Begutachtung aufzuzeigen. Dies stellt also ein Beispiel dar, wie der kontinuierliche Verbesserungsprozess auch durch die Akkreditierung angetrieben wird.
Kommt dies vor?
Ja, geringfügige Nichtkonformitäten werden durch die externen Fachexperten und die leitende Begutachterin auch bei uns festgestellt und festgehalten. Wie bereits vorher erwähnt, werden dann die Abweichungen durch Massnahmen korrigiert, und die schriftlich festgehaltenen Massnahmen durch die Akkreditierungsstelle überprüft und in einer kommenden Begutachtung inspiziert. Dadurch entwickeln wir uns im komplexen Fachgebiet Forensik immer weiter und liefern für unsere Auftraggeber nachvollziehbare, belastbare Qualitätsergebnisse.
Wo liegt der Nutzen einer Akkreditierung für die Auftraggeber?
Eine Akkreditierung fördert das Vertrauen in die Tätigkeiten sowie der daraus resultierenden Berichte und Gutachten. Die Richtigkeit der Ergebnisse, die Nachvollziehbarkeit der Tätigkeiten sowie die Fachkompetenz der Mitarbeitenden sind dabei von zentraler Bedeutung. Insbesondere vor Gericht beseitigt eine Akkreditierung Zweifel am Ergebnis und unterstreicht die Belastbarkeit der von uns erhobenen forensischen Beweise.
Andreas Rippert, besten Dank für das Gespräch!
