Wer gibt den Medien Auskunft?

Es gibt wohl nicht viele Firmen oder Organisationen im Land, die derart viele Medienmitteilungen versenden wie die Kantonspolizei St.Gallen – im Jahr 2022 waren es immerhin über 1’300. Für die Bewältigung dieser Arbeit reichen vier vollamtliche Polizeisprecher längst nicht mehr aus. Sie werden deshalb von vier Polizeisprecherinnen und Polizeisprechern im Nebenamt unterstützt. Im Jahr 2022 stiessen als solche Marina Menzi und Natascha Scherrer dazu. Zusammen mit Pascal Helg und Markus Rutz sorgen sie somit für eine geschlechtertechnisch perfekte Balance bei den Polizeisprechenden im Nebenamt.

Wie seid ihr Polizeisprecherinnen geworden?

Natascha Scherrer: Hanspeter Krüsi, Chef der Polizeisprechenden, hat im Sommer 2020 alle weiblichen Mitarbeiterinnen der Kantonspolizei St.Gallen angeschrieben. Er war auf der Suche nach weiblichen Polizeisprecherinnen für die Arbeit an Wochenenden. Sein Aufruf hat mich sehr angesprochen und ich fand die Idee, Polizeisprecherin zu werden, interessant. Nachdem ich mich mit ihm unterhalten hatte, habe ich entschieden, mich für die Funktion zu melden. Bis jetzt habe ich die Entscheidung nicht bereut.

Marina Menzi: Bei mir war es genauso. Hanspeter Krüsi war auf der Suche nach einer Polizeisprecherin, da sein Team bis dorthin nur aus männlichen Polizeisprechern bestand. Aufgrund seines Rundmails an alle Polizistinnen habe ich mir Gedanken gemacht, ob mir diese Nebenposition Freude machen würde. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mich noch nie damit auseinandergesetzt. Mir gefiel allerdings der Gedanke, dass ich nebst meiner Tätigkeit beim SO-Kriminaldienst einer anderen Aufgabe nachgehen dürfte, welche völlig anders zu meinem Polizeialltag ist. Ausserdem bin ich immer offen dafür, neue Sachen auszuprobieren und mir neues Wissen anzueignen. Aus diesem Grund habe ich mich beworben und wurde schliesslich ins Team der Milizmediensprechenden aufgenommen.

Wie sah eure Ausbildung aus?

Menzi: Zu Beginn habe ich ein Praktikum in der Abteilung Kommunikation absolviert. Es hat mir sehr geholfen, dass ich jeden Tag den «Trubel» im Kommunikations-Team miterleben durfte. In dieser Zeit durfte ich bereits sehr viel selbst arbeiten und nicht nur zuschauen. Unter der Anleitung von Krüsi habe ich täglich eigene Medienmitteilungen verfasst und Anfragen der Medien beantwortet. Ich durfte sogar mehrere Radio- und Fernsehinterviews geben und an Ereignisorte ausrücken. Ausserdem wurde ich in den Bereich Soziale Medien eingeführt. In Zukunft ist dann für mich auch noch eine Ausbildung in Sachen Medienarbeit geplant.

Scherrer: Auch ich durfte im Mai und Juni 2021 ein zweimonatiges Praktikum in der Abteilung Kommunikation antreten, um erste Medienluft zu schnuppern. Zu sehen, wie diese Abteilung funktioniert sowie was die Herausforderungen und täglichen Aufgaben sind, war sehr lehrreich. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 15 Jahre als Polizistin an der Front hinter mir und es war spannend zu sehen, was hinter den Kulissen in der Kommunikation passiert. In diesen zwei Monaten sammelte ich meine ersten Erfahrungen. Ansonsten ist es im Moment noch immer ein «learning by doing». Das bedeutet: Jedes Wochenende, an dem ich Polizeisprecherin bin, bringt neue Herausforderungen und Erfahrungen mit sich. In diesem Herbst darf ich zudem ebenfalls noch den wöchigen Kurs «professionelle Medienarbeit bei der Polizei» besuchen.

Was reizt euch besonders an der Funktion der Polizeisprecherin?

Menzi: Ich denke, der grösste Reiz für mich ist die totale Abwechslung zu meinem Arbeitsalltag. Ich habe mit einem ganz anderen Schlag von Menschen zu tun als sonst. Ausserdem bekomme ich zu meinen Arbeitszeiten als Polizeisprecherin alles mit, was sich auf polizeilicher Ebene im Kanton St.Gallen abspielt. Bei Ausrückfällen treffe ich immer wieder auf Mitarbeitende unsers Korps, welche ich sonst im Alltag nicht sehen würde. Der Kontakt zwischen den Frontmitarbeitenden und den Polizeisprechenden ist immer sehr angenehm und bereitet mir grosse Freude.

Scherrer: Auch für mich ist es eine tolle Abwechslung zu meiner täglichen Arbeit an der Front. Es ist ein komplett anderes Metier, man hat, wie Marina bereits gesagt hat, mit ganz anderen Leuten zu tun und alles ist zudem sehr schnelllebig. Man weiss nie was passiert und wohin es einen verschlägt. Auch die Zusammenarbeit mit den Medienschaffenden ist sehr angenehm.

An welche Fälle seid ihr im 2022 ausgerückt und was blieb euch besonders in Erinnerung?

Scherrer: Ich hatte im vergangenen Jahr keine aussergewöhnlichen Fälle oder solche, die mir speziell in Erinnerung geblieben sind. Da ich schon lange Polizistin an der Front bin und schon vieles erlebt habe, braucht es einiges, bis mir etwas speziell im Gedächtnis bleibt.

Menzi: Soweit ich mich erinnern kann, bin ich vor allem an Brände ausgerückt, wobei ich davon schon mehrere zu meinen Ausrückfällen zählen darf. Ich persönlich finde es immer sehr spannend, mich vor Ort zu begeben und die verschiedenen Geschichten hinter den Ereignissen in Erfahrung zu bringen. Was mir jedoch besonders in Erinnerung geblieben ist, ist ein Verkehrsunfall auf der Autobahn, bei dem etwa acht Fahrzeuge involviert waren. Ich war mir anfangs unsicher, ob ich ausrücken soll. Es hat sich dann allerdings gelohnt, sich vor Ort einen Überblick zu verschaffen. Die Meldungseingänge stimmen im ersten Moment oft nicht mit der Situation vor Ort überein oder zeigen noch nicht das Ausmass des Ereignisses auf.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Medienarbeit?

Menzi: Die grösste Herausforderung für mich sind nach wie vor die Medienanfragen. Wenn ich einen Fall im Journal sehe, den ich kommunizieren muss, mache ich mir bereits viele Gedanken darüber. Ich überlege zum Beispiel, was und wie ich Auskunft geben kann, wenn mich Medienschaffende anfragen. Dennoch ist es für mich immer noch ein Herzklopf-Moment, wenn das Telefon klingelt und ich ein sogenanntes “Quote” an Radio- oder Fernsehjournalisten geben muss.

Scherrer: Die heutige Medienwelt ist sehr schnelllebig. Alle wollen sofort alles wissen, Lesereporter sind überall und alle sind immer online. Man muss sehr schnell sein, aber dabei trotzdem korrekt arbeiten, damit man keine falschen Infos rausgibt. Zudem ist es eine Herausforderung, Polizeisprecherin zu sein, da ich das Ganze nur einige Wochenenden im Jahr mache. Da braucht es einiges, um immer auf dem Laufenden zu sein. Wichtig ist für mich, so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln. Dann wird man immer sicherer bei seiner Arbeit, was das Ganze wiederum noch spannender macht.

Vielen Dank für die spannenden Einblicke in die Arbeit der Polizeisprechenden und alles Gute für die weitere Arbeit.


Seit 2022 sind Marina Menzi und Natascha Scherrer (v.l.n.r.) Polizeisprecherinnen im Nebenamt.