Gesichtserkennung oder die automatisierte Bearbeitung von Personendaten

Die Technik schreitet in schnellen Schritten voran. Auf politischer sowie gesellschaftlicher Ebene teilweise in Frage gestellt, bieten Gesichtserkennungs-Softwares jedoch gerade für die Polizei ganz neue Möglichkeiten bei der Ermittlung von Kriminalfällen. Die Kantonspolizei St.Gallen setzt auf die Software Griffeye, die ihr bei der Aufklärung von schweren Straftaten hilft. Und ja: Selbstverständlich geschieht dies nur mit rechtmässig erhobenen Daten.

Begriff

Unter dem Begriff der Gesichtserkennung werden in der Politik, bei der Bevölkerung und in den Medien unterschiedlichste Erscheinungsformen der modernen, automatisierten Bearbeitung von Bilddaten verstanden. Worum es aber tatsächlich geht, wird oft missverstanden.

Die Software Griffeye und ihre Funktions- und Einsatzweise

Die Kantonspolizei St.Gallen setzt bei ausgewählten schweren Tatbeständen wie Raubüberfällen, Tötungs- oder schweren Sexualdelikten die Software Griffeye zur Gesichts- sowie teilweise zur Objekterkennung ein. Sie ist ein Hilfsmittel zur ressourcenschonenden Auswertung von grossen Bild- und Videodaten. Zum Einsatz kommt Griffeye, wenn bei eröffneten Strafuntersuchungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft grosse Mengen an Bildern und/oder Videodaten ausgewertet werden müssen. Dabei wird das im Strafverfahren rechtmässig edierte Bildmaterial mit ebenfalls rechtmässig erhobenen erkennungsdienstlichen Daten (Fotoaufnahmen) abgeglichen. Dieser Abgleich findet statt, indem die Fotos aus der polizeilichen Datenbank speziell für den Abgleich manuell und tagesaktuell in die Software gestellt werden.

Die Ergebnisse aus dem automatisierten Abgleich werden jeweils von Ermittlerinnen und Ermittlern verifiziert; oder anders formuliert: Eine allfällige Verdachtslage gegen bestimmte Personen wird von den Ermittlerinnen und Ermittlern konkretisiert. Nach erfolgter Auswertung werden sämtliche Daten im System gelöscht. Das heisst, es werden keine Daten gesammelt und somit keine Logfiles, Templates oder ähnliches gespeichert. Die Software wird auf einem “Stand-Alone-Arbeitsplatz” betrieben und hat dementsprechend keine Schnittstellen zu anderen polizeiinternen oder externen Systemen oder Verbindungen zum Internet.

Beispielhafte Anwendungsfälle

Ein möglicher Anwendungsbereich der Gesichts- und Objekterkennung bietet der Bildabgleich bei Raubüberfällen: Fotos einer unbekannten Täterschaft, welche von einer Überwachungskamera erstellt wurden, können nun mit erkennungsdienstlichen Daten abgeglichen werden. Dabei handelt es sich um Fotoaufnahmen, über welche die Polizei ebenfalls rechtmässig verfügt. Aufgrund von logarithmisch errechneten Ähnlichkeiten aus diesem Vergleich können möglicherweise positive Übereinstimmungen erzielt werden, die jedoch von Ermittlerinnen und Ermittlern auch noch manuell verifiziert werden müssen. Entgegen der allgemein weit verbreiteten Meinung ist mit der automatisierten Übereinstimmung der Identitätsnachweis (noch) nicht erbracht.

Ein weiteres mögliches Einsatzgebiet der Software ist der Bildabgleich bei sexuellen Handlungen mit Kindern: Bild- und Videodaten auf Datenträgern einer beschuldigten Person werden mit dem Bildmaterial von möglichen Opfern abgeglichen. So kann abgeschätzt werden, ob allenfalls noch weitere Menschen Opfer von sexuellen Handlungen derselben beschuldigten Person geworden sind.

Ein wichtiges Instrument für die Kantonspolizei St.Gallen

Eine Software zur automatisierten Gesichts- und/oder Objekterkennung bei ausgewählten schweren Tatbeständen einzusetzen, ist aus Sicht der Kantonspolizei St.Gallen ein zentrales Element, um in den entsprechenden Fällen effizient grosse Datenmengen auswerten zu können. Beim Vorliegen von Überwachungsbildern oder anderem Bildmaterial können dadurch ressourcenschonend und sehr schnell Bild- und Videodaten automatisiert abgearbeitet und die Datenmenge reduziert werden. Die Alternative dazu? Die Ermittlerin oder der Ermittler durchforstet die Vergleichsbilder in der erkennungsdienstlichen Datenbank von Hand – per Maus-Scroll von Bild zu Bild, Stunde um Stunde, Tag um Tag, Woche um Woche. Der Aufwand wäre gewaltig und wertvolle, ohnehin knappe Ermittlungszeit ginge verloren.