Abteilung SIWAS: Das Jahr 2022 geprägt vom Wandel

Das Jahr 2022 war für die Abteilung SIWAS geprägt vom Wandel – und von einem unvorhersehbaren Waffenboom.

Schon seit einigen Jahren hat die Zahl der Waffenerwerbsgesuche konstant leicht zugenommen. Im Jahr 2022 verzeichnete die Abteilung SIWAS jedoch in diesem Bereich einen aussergewöhnlich hohen Anstieg. Insgesamt wurden in diesem Jahr 2’962 Waffenerwerbsbewilligungen ausgestellt, was gegenüber dem Jahr 2020 (1’945 Bewilligungen) eine Zunahme von über 50 Prozent bedeutet. In ähnlichem Masse stiegen auch die Zahlen der Anträge für einen Waffentragschein (+39.5 Prozent) und die Anträge für europäische Feuerwaffenpässe (+36.3 Prozent) an. Der Anstieg der Waffenerwerbsgesuche hatte natürlich auch einen direkten Einfluss auf die Anzahl Führungsberichte, welche von der Regionalpolizei bearbeitet wurden, weshalb der Aufwand auch dort gestiegen ist.

Erhöhte Nachfrage nach Waffen

Die Gründe für den Anstieg der Waffenerwerbsgesuche sind wohl sehr vielfältig und können mangels statistischen Erhebungen nicht genauer ausgewiesen werden. Ob der Anstieg an den aktuellen Krisen, an einer generellen Unsicherheit der Bevölkerung, am veränderten Hilfsmittelverzeichnis zu den Bundesübungen oder eventuell an interessanten Neuerscheinungen liegt, kann nicht bestimmt werden. Am Wahrscheinlichsten erscheint ein Mix aus verschiedenen Faktoren, welche viele Bürgerinnen und Bürger dazu bewegte, Waffen zu erwerben. Ebenso erscheint es aktuell als wahrscheinlich, dass diese hohen Zahlen keine temporäre Spitze bildeten, sondern die neue und künftige Normalität sein werden.

Per 17. Januar 2023 sind im St.Galler Waffenregister total 21’826 Waffenbesitzer und 82’692 Waffen registriert, wobei aufgrund neuer Erfassungsrichtlinien auch Waffen von Waffenfachhandelnden im Waffenregister erfasst sind. Eine erhöhte Anzahl an Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzern bringt automatisch mit sich, dass im polizeilichen Alltag vermehrt Waffen fest- oder sichergestellt werden (beispielsweise bei Hausdurchsuchungen). Ebenso dürften mehr Waffen in Straf- oder Verwaltungsverfahren beschlagnahmt werden müssen.

Der Grund des Erwerbs muss beim Antrag auf eine Bewilligung nicht zwingend angegeben werden. Gleichzeitig ist auch ein noch so absurder Erwerbsgrund rechtlich keine genügende Grundlage für die Ablehnung einer Bewilligung. Es benötigt viel mehr einen gesetzlich definierten Hinderungsgrund, um jemandem den Erwerb zu verweigern oder Waffen zu beschlagnahmen. Grundlage für die Feststellung eines Hinderungsgrunds bilden Informationen zur Person, welche oft nur anlässlich von Führungsberichten erhoben werden können. Daher ist auch eine konsequente Praxis bei den Führungsberichten sehr wichtig, um die missbräuchliche Verwendung von Waffen zu bekämpfen. Beschlagnahmungen im Verwaltungsverfahren sowie eine konsequente Ablehnungspraxis bei Gesuchen von Personen mit einem Hinderungsgrund sind die einzigen Möglichkeiten, die Verfügbarkeit von Waffen für diejenigen Personen einzuschränken, die nicht in der Lage sind, mit einer Waffe vernünftig umzugehen.

Technologische Veränderungen

Die Entwicklung und Einführung einer neuen Waffenregister-Software auf Basis des Polizeisystems myABI und die Umsetzung des Projekts Guichet Unique[1] des Bundes waren grosse Herausforderungen, welche die Abteilung SIWAS im Jahr 2022 bewältigen musste. Die Software myABI ist zwar in diversen Kantonen im Einsatz, jedoch war es die Kantonspolizei St.Gallen, die einen Grossteil der Arbeit bei der Entwicklung des Waffenmoduls auf sich nahm. Das Projekt myABI Waffenmodul war bis zum Jahresende nicht abgeschlossen. Der aktuelle Stand ist aber sehr erfreulich und stellt eine solide Grundlage für weitere Entwicklungen und Verbesserungen dar. Diverse ABI-Kantone haben das myABI Waffenmodul bereits in Betrieb oder stehen kurz davor.

Erhebliche Verbesserungen der Prozesse brachte auch das erwähnte Projekt Guichet Unique, das eine Erweiterung der Plattform Suisse ePolice beinhaltete. Seit April 2022 sind Waffenfachhändlerinnen und Waffenfachhändler verpflichtet, Ein- und Ausgänge von Waffen der Abteilung SIWAS elektronisch zu melden. Damit entfällt weitgehend die manuelle Erfassung von Waffendaten. In den ersten Monaten 2023 soll dann auch das elektronische Gesuch um Waffenerwerbsbewilligungen für alle Bürgerinnen und Bürger aufgeschaltet werden.

Ablauf Nachmeldefrist der Gesetzesänderung vom 15. August 2019

Im August 2022 ist die dreijährige Übergangsfrist für Nachmeldungen für neu verbotene Feuerwaffen (insbesondere halbautomatische Feuerwaffen mit grossen Magazinen) abgelaufen. Von April bis August 2022 sind durch die Abteilung SIWAS rund 400 Nachmeldungen, teilweise mit zahlreichen Waffen, erfasst worden. Für die Besitzerinnen und Besitzer dieser Waffen bedeutet das, dass sie diese ‘altrechtlich’ erworbenen Waffen weiterhin ohne Ausnahmebewilligung besitzen und zum Beispiel grosse Magazine für diese Waffen weiterhin erwerben dürfen.

Änderung der Anforderungen an Geschäftsräume von Waffenhandlungen

Am 1. Januar 2022 wurde die Verordnung des EJPD über die Mindestanforderungen an Geschäftsräume von Waffenhandlungen in Kraft gesetzt. Mit dieser Verordnung müssen die Waffenhändlerinnen und Waffenhändler in den kommenden fünf Jahren insbesondere die Einbruchsicherheit ihrer Räumlichkeiten deutlich verstärken. Bereits dieses Jahr haben mehrere Waffenhandelnde konkrete Planungen in Angriff genommen und werden dabei von der Abteilung SIWAS in Zusammenarbeit mit der Sicherheitsberatung der Kantonspolizei St.Gallen unterstützt.

Umzug in neue Büroräume

Am 31. Oktober 2022 bezog die Abteilung SIWAS neue Räumlichkeiten im sechsten Obergeschoss an der Moosbruggstrasse 11 in St.Gallen. Die Abteilung SIWAS hat sich in den vergangenen Jahren stetig vergrössert und wird per Anfang 2023 nochmals um zwei Stellen erweitert. Zudem benötigt auch die restliche Sicherheitspolizei aufgrund von Reorganisationen dringend mehr Platz. Nach einer sanften Renovation der neuen Räumlichkeiten konnten diese gemäss den Bedürfnissen der Abteilung SIWAS erstellt und bezogen werden.


[1] Guichet Unique ist eine Erweiterung der Plattform Suisse-ePolice, mit welcher Waffenhändler elektronisch verschiedene Meldungen an die kantonalen Waffenbüros übermitteln können