Im Gespräch mit den Fahrzeugspezialisten

Seit dem 1. Januar 2021 verfügt die Kantonspolizei St.Gallen über zwei Fahrzeugspezialisten der Verkehrspolizei. Mit ihrem vertieften Fachwissen unterstützen sie die Mitarbeitenden an Schwerverkehrs-, Auto- und Motorradkontrollen.

Stefan und Marco, bitte erklärt unseren Leserinnen und Lesern, was die Aufgabe eines Fahrzeugspezialisten ist. Stefan: Wir sind daran, uns auf die Kontrolle von allerlei Fahrzeugen zu spezialisieren, wobei mein Schwerpunkt mehr auf Autos und Motorrädern und der von Marco auf landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Fahrzeugen des Schwerverkehrs liegt. Generell führen wir hauptsächlich Kontrollen im Schwerverkehrsbereich durch. Das unterscheidet uns von unseren Kollegen der Schwerverkehrs-Gruppe, welche nebst den Strassenkontrollen auch noch Betriebskontrollen durchführen. Bei den Strassenkontrollen gehen wir in Bezug auf die Fahrzeugtechnik eher in die Tiefe als die Kameraden/-innen der Regionalpolizei. Beim Schwerverkehr kontrollieren wir beispielsweise Bremsanlage, Fahrwerk, AdBlue-System oder Fahrtenschreiber genauer. Zudem trifft man uns bei Poser- und Grosskontrollen an. Generell sind wir so oft wie möglich draussen und führen Kontrollen durch. Die Fahrzeuge werden meistens ab der Autobahn geleitet und anschliessend kontrolliert. Danach erhalten die Verantwortlichen das Kontrollformular, auf dem allfällige Mängel oder im entsprechenden Fall die zur Anzeige gebrachten Widerhandlungen notiert sind. Die Abarbeitung eines einzelnen Lastwagens ist zeitintensiv und dauert normalerweise zwischen 25 und 45 Minuten. Wenn weiterführende Abklärungen notwendig sind, kann es sogar noch länger dauern.

Die Funktion der Fahrzeugspezialisten gibt es erst seit Januar 2021. Wieso wurde diese Stelle überhaupt notwendig? Marco: Dies liegt unter anderem an der stetig wachsenden Komplexität der Materie. Einerseits gibt es auf unseren Strassen immer mehr verschiedene Fahrzeugtypen mit entsprechend anspruchsvoller Technik. Andererseits versuchen wir, unsere anderen Mitarbeitenden mit unserem Support so gut es geht zu unterstützen. Die Spezialisierung wird vor allem für Frontpolizistinnen und -polizisten schwierig, da ihre tägliche Arbeit nicht nur die Fahrzeugtechnik beinhaltet. Genau da wollen wir anknüpfen, bei der täglichen Arbeit Hand bieten und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Nebst dem übrigen Verkehr beinhaltet unsere Aufgabe auch den Langsamverkehr, der immer komplexer wird – man denke nur an die stetig wachsende Anzahl verschiedener kleiner Gefährte wie beispielsweise E-Trottinetts, E-Scooter, E-Hoverboards, E-Skateboard etc. Um uns selbst und unser Wissen stetig weiterzuentwickeln, stehen wir gerade beim Schwerverkehr auch teilweise mit den Markenwerkstätten in Kontakt. Inwiefern dies auch bei den neuen Trendgefährten der Fall sein wird, wird sich mit der Zeit zeigen.

Wie viele Kontrollen begleitet ihr im Schnitt? Stefan: Das ist sehr unterschiedlich. Im Schnitt kontrollieren wir bei den Strassenkontrollen etwa sechs bis acht Lastwagen pro Tag. Zudem kommen monatlich eine bis zwei interkantonale Schwerverkehrskontrollen sowie jährlich rund 20 Poserkontrollen hinzu.

Was qualifiziert euch für die Stelle als Fahrzeugspezialisten und wie seid ihr dazu gekommen? Stefan: Marco ist gelernter Automechaniker, ich Automechaniker und -diagnostiker. Es handelt sich hierbei also um ein Thema, das uns schon von früh auf sehr interessiert hat. Vor dem Beginn als Fahrzeugspezialisten haben wir dienstlich schon viel dazu gelernt, wobei die Vertiefung effektiv erst zum Tragen kam, als uns mit der neuen Stelle auch neue Gerätschaften und Techniken zur Verfügung standen. Seit diesem Zeitpunkt heisst es bei vielen anderen Dingen auch: learning by doing.

Marco: Wenn es unklare Situationen gibt, haben wir die Möglichkeit, Rücksprache mit den Spezialistinnen und Spezialisten des Strassenverkehrsamts zu nehmen, welche Mitarbeitende in diversen Fachbereichen angestellt haben. Daher macht es auch Sinn, dass wir eine Woche beim Strassenverkehrsamt in einer Stage waren, um unsere Fachkenntnisse zu vertiefen.

Wie gern gesehen ist eure Tätigkeit ausserhalb der Bürowände? Marco: In erster Linie wollen wir mit unserer Tätigkeit natürlich unsere Arbeitskolleginnen und -kollegen aus den anderen Abteilungen unterstützen. Den Kontrollierten können wir es mit unserer Tätigkeit hingegen nicht immer recht machen.

Stefan: Genau, wir versuchen, unsere Unterstützung intern so gut wie möglich an die Leute zu bringen und auch bei Schwerverkehrskontrollen die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen zu erleichtern. Bezüglich der «Kundschaft» gibt es natürlich Unterschiede. Die meisten Chauffeurinnen und Chauffeure sind anständig und wissen, worum es bei unseren Kontrollen geht – in diesem Bereich haben wir praktisch nie Probleme. Anders sieht es bei Motorrad- oder Autokontrollen aus, da sind die Kontrollierenden gerne mal anderer Meinung. Wichtig ist deshalb immer, stets alles gut zu erklären und aufzuzeigen.

Wie genau ist das Vorgehen bei technischen Kontrollen, respektive ab wann übernehmt ihr die Arbeit der Frontmitarbeitenden, weil es zu detailliert wird? Marco: Unsere Kolleginnen und Kollegen machen in der Regel die Grundkontrolle bei den interkantonalen Schwerverkehrskontrollen selbst. Anschliessend schauen wir die Fahrzeuge bezüglich weiterer technischer Mängel, Änderungen oder Manipulationen an. Da unsere Stelle relativ neu ist, befinden wir uns noch im Wandel, was die genauen Vorgehens- und Arbeitsweisen angeht. Wir fragen uns stets: Welche Möglichkeiten haben wir, unsere Mitarbeitende zu unterstützen? Was müssten wir sinnvollerweise direkt selbst machen und was können wir den Kolleginnen und Kollegen sonst noch abnehmen? Weiter haben wir neue Gerätschaften wie beispielsweise ein Endoskop, eine Wärmebildkamera oder ein Refraktometer (Erstüberprüfung des Ad-Blue-Tankinhalts), welche wir fortlaufend in den Kontrollprozess einbinden.

Stefan: Ausserdem sollen auf den einzelnen Stützpunkten schon bald nebenamtliche technische Spezialistinnen und Spezialisten eingesetzt werden. Diesbezüglich führen wir bald Schulungen durch. So können wir unser Know-how noch besser in die Regionen bringen, analog zu den bereits bestehenden Landwirtschaftsspezialisten-Schulungen. Sinn und Zweck ist es, dass wir begleitend und unterstützend wirken und persönlich oder telefonisch erreichbar sind.

Vielen Dank für die spannenden Erläuterungen. Könnt ihr uns abschliessend noch sagen, was euch an eurer Stelle besonders gut gefällt? Stefan: Ich finde es gut, dass ich meine ursprünglichen Tätigkeiten, die ich einst in einer Lehre erlernt habe, nun wieder mit meinem aktuellen Job verbinden kann. Was mich schon immer interessierte, ist nun zu meiner täglichen Hauptaufgabe geworden.

Marco: Ich sehe dies ganz ähnlich wie Stefan. Einerseits ist es die Vielfalt, innerhalb derer wir uns in der Fahrzeugtechnik vertiefen können. Andererseits ist die Neugestaltung dieser Funktion sehr interessant, vor allem, weil wir sie mit beeinflussen können. Ausserdem ist natürlich die ganze Materie der Fahrzeugtechnik sehr spannend. Ich war schon bei der Mobilen Polizei als Schwerverkehrsspezialist mit dabei – von daher lag die Bewerbung auf diese Stelle nahe.

Symbolbild: Kontrolle eines Fahrzeugs