Notrufausfälle: Ein komplexes Thema

In der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 2021 waren die Notrufnummern aufgrund einer Störung bei der Swisscom nicht mehr erreichbar. Dank vorbereiteten Rückfall-Szenarien war die Erreichbarkeit der Kantonalen Notrufzentrale St.Gallen bereits nach 15 Minuten wieder sichergestellt.

Die Kantonale Notrufzentrale St.Gallen wird als integrierte Zentrale betrieben. Das bedeutet, dass nebst den polizeilichen Notrufen (117) auch diejenigen der Sanität (144), der Feuerwehr (118) sowie der internationalen Notrufnummer (112) entgegengenommen und disponiert werden. Durch diese örtliche Zusammenführung der Einsatzdisponentinnen und -disponenten entsteht ein Synergiegewinn, welcher für die Notrufbearbeitung von grossem Mehrwert zeugt. Die Kantonspolizei St.Gallen als Betreiberin versorgt auch die Notrufgebiete der Kantone AR, AI und GL (Notruf 144).

In der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 2021 ist es aufgrund einer Störung bei der Swisscom dazu gekommen, dass die Notrufnummern 112, 117, 118 sowie 144 für die Bevölkerung des Kantons St.Gallen und der erwähnten Versorgungsgebiete nicht erreichbar waren. Vorbereitete Rückfall-Szenarien, zum Teil über weitere Telekommunikationsanbieter, konnten während der zirka achtstündigen Unterbrechung des Swisscom-Service die Erreichbarkeit der Kantonalen Notrufzentrale bereits nach 15 Minuten wieder sicherstellen.

Komplexität

Die jüngst aufgetretene Panne von Swisscom ist umso überraschender, da bereits im Jahr 2020 mehrere Probleme der Swisscom dazu geführt hatten, dass Notrufnummern zeitweise nicht oder nur sehr eingeschränkt erreichbar waren.

Die Häufung von Ausfällen der Notruftelefonie in der Schweiz in den letzten 24 Monaten hat gezeigt, dass die steigende Komplexität der Technologie und das marktwirtschaftliche Denken der Provider die Zuverlässigkeit der Netze verringert. Als die Kantonspolizei St. Gallen die Telefonie-Systeme der Notrufzentrale auf Voice over IP (mit Voice over IP ist das Telefonieren auf modernen Datennetzwerken, welche nach dem Internetstandard aufgebaut sind, gemeint.) migrierte, wurden mögliche Ausfallszenarien betrachtet. Die Verantwortlichen haben sich darauf vorbereitet. Dank diesen Notfallkonzepten konnten innerhalb von 15 Minuten alternative Telefonnummern publiziert, umgeschaltet sowie bereits wieder Notrufe entgegengenommen beziehungsweise die nicht vollständig durchgestellten Anrufe zurückgerufen werden.

Beispiel: Weg eines Notrufes von einem Swisscom Mobile bis in die Notrufzentrale. Vereinfachte Darstellung

Primär wurden zusätzliche alternative Wege geschaffen, um einen Notruf von der Plattform zur Disponentin oder zum Disponenten zu bringen. Die Vielfalt der Massnahmen widerspiegeln dabei die Vielfalt der möglichen Fehlerquellen. Die Mittel, um einem Ausfall entgegenzuwirken, umfassen die Wahl von verschiedenen Providern und geografischen Wegen bis hin zu unterschiedlichen Technologien, wie Telefonie-Systeme, Glasfasern, Richtfunk oder Mobilfunk.

Die Lenkung des Kommunikationsflusses erfolgt im Normalfall mit einer sogenannten dynamischen Leitweglenkung. Sprich, sie wird automatisch über die entsprechenden Wege bis zum Empfänger geführt. Zusätzlich ist es möglich, von Hand einzugreifen und die Verbindungswege zu beeinflussen. Dann spricht man von einem manuellen Routing.

Innerhalb von nur zwei Jahren ist jede Massnahme schon mindestens einmal im Einsatz gewesen.

Überwachung

Die Kantonspolizei St.Gallen hat es bis heute wie kaum ein anderer Kanton geschafft, von den Ausfällen nur minimal betroffen zu sein. Um den Auftrag einer verlässlichen Notrufbearbeitung auch in Zukunft sicherzustellen, werden die Notfallkonzepte und die Systeme ständig überprüft, überarbeitet und optimiert.

Ebenso werden Ausfälle der Vergangenheit analysiert, auf potenzielle Risiken hin untersucht und mit möglichen Massnahmen nachgebessert.

Mitgestaltung

Nach dem Grundsatz «Vorbeugen ist besser als Heilen!» beteiligt sich die Kantonspolizei St.Gallen an nationalen Gremien, an der Ausarbeitung von Normen und Vorschriften und pflegt gute Kontakte zu den Telekommunikationsprovidern, um im Vorfeld auf Herausforderungen zu reagieren.